Compliance im Fußball
Über die Rolle von Compliance und Due Diligence Verfahren im deutschen Profifußball.
Ein professionelles Compliance-Management wird im deutschen Profifußball immer wichtiger. Aufgrund hoher Summen bei Spielertransfers und Sponsoringverträgen gibt es zahlreiche Risiken von Wirtschaftskriminalität. Geldwäsche, Korruption und Steuerhinterziehung haben dem Image des Fußballs in der Vergangenheit stark geschadet. Um ihr Ansehen zu schützen und rechtliche Konsequenzen zu vermeiden, müssen Vereine daher ihre Geschäftspartner genau unter die Lupe nehmen.
Die Bedeutung von Compliance im Sport
Compliance im Sport, insbesondere Compliance beim Fußball, bezeichnet die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, ethischer Richtlinien, Standards und interner Regelwerke, die darauf abzielen, das korrekte Verhalten von Organisationen und ihren Mitgliedern sicherzustellen. In einem Umfeld, das zunehmend unter öffentlicher und regulatorischer Beobachtung steht, dient Compliance als ein wesentliches Instrument zur Risikominimierung, zur Wahrung der Integrität des Sports und zur Förderung eines fairen Wettbewerbs. Die Bedeutung von Compliance erstreckt sich über verschiedene Bereiche, einschließlich
- Finanztransaktionen,
- Arbeitsbeziehungen,
- Doping,
- Wettbewerbsregeln und
- die Interaktion mit Fans und Medien.
Werden diese Aspekte nachhaltig und gewissenhaft kontrolliert, vermeiden Unternehmen und Vereine im Profisport rechtliche Sanktionen und stärken auch ihre Reputation in Kombination mit längerfristigem Wachstum.
Relevante Risikofelder im Profisport
Sponsoring
Sponsorenverträge sind für Fußballvereine eine wichtige Einnahmequelle. Angesichts der finanziellen Abhängigkeit vieler Klubs von Sponsoring-Einnahmen birgt die Zusammenarbeit allerdings auch einige Risiken. Vereine müssen sicherstellen, dass keine unzulässigen Geldzahlungen oder Vorteilsgewährungen stattfinden und dass Sponsoren nicht in illegale Geschäfte wie Geldwäsche oder Steuerhinterziehung verwickelt sind. Daher ist es wichtig, dass Vereine nicht nur die finanziellen Aspekte einer Sponsoring-Beziehung bewerten, sondern auch die Geschäftspraktiken, den Ruf und die Nachhaltigkeitspolitik der Sponsoren gründlich prüfen.
Spielertransfers
Beim Kauf und Verkauf von Spielern werden im Profibereich oftmals horrende Summen gezahlt. Die Marktwerte von Top-Spielern sind dabei nur schwer greifbar und unterliegen starken Schwankungen. Hier besteht die Gefahr von Bestechungszahlungen an Spielerberater, Funktionäre oder andere Beteiligte, um Transfers zu steuern oder überhöhte Ablösesummen zu rechtfertigen. Zum anderen kann es zu Insiderhandel kommen, wenn Insider vorab von bevorstehenden Transfers profitieren. Nicht zuletzt birgt der Transfermarkt auch Risiken in Bezug auf Steuerhinterziehung, wenn Zahlungen nicht ordnungsgemäß deklariert werden. Vereine müssen daher transparente Prozesse für Transfers etablieren und sicherstellen, dass alle Zahlungen ordnungsgemäß dokumentiert und versteuert werden.
Ticketverkauf
Tickets für begehrte Spiele werden oft auf dem Schwarzmarkt zu überhöhten Preisen weiterverkauft. Dies kann nicht nur den Ruf des Vereins schädigen, sondern auch zu rechtlichen Konsequenzen führen. Vereine müssen daher Maßnahmen ergreifen, um den Weiterverkauf zu unterbinden, etwa durch personalisierte Tickets oder Verkaufsbeschränkungen. Zudem besteht die Gefahr von Betrug, beispielsweise durch den Verkauf gefälschter Tickets. Vereine müssen daher sichere Verkaufskanäle anbieten und den Ticketverkauf sorgfältig überwachen.
Vergabe von Sportereignissen
Die Vergabe großer Fußballturniere wie der Europameisterschaft (EM) oder Weltmeisterschaft (WM) ist aufgrund ihrer enormen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Bedeutung mit hohen Compliance-Anforderungen verbunden. Um Fairness, Transparenz und Integrität im gesamten Prozess zu gewährleisten, müssen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden:
- Transparente Ausschreibungsprozesse mit klar definierten und öffentlich zugänglichen Kriterien für die Vergabe, einschließlich Infrastruktur, finanzieller Garantien und Nachhaltigkeitspläne.
- Unabhängige Bewertung der Bewerbungen durch Prüfungskommissionen, um die Einhaltung der Kriterien zu überprüfen und Interessenkonflikte zu vermeiden.
- Anti-Korruptionsmaßnahmen wie Richtlinien, Verfahren, Überwachung und Berichterstattung, um Korruption zu verhindern.
- Einbindung verschiedener Stakeholder wie Fans, lokale Gemeinschaften und Menschenrechtsorganisationen, um eine breitere Perspektive und Akzeptanz zu schaffen.
- Berücksichtigung von Nachhaltigkeits- und Menschenrechtsstandards bei der Planung und Durchführung, einschließlich der Einhaltung internationaler Normen.
- Kontroll- und Sanktionsmechanismen zur Überwachung der Einhaltung der Vergabekriterien und zur Ahndung von Compliance-Verstößen.
Risikominimierung & Reputationsschutz
In einer Zeit, in der sich Skandale schnell öffentlich und weltweit verbreiten – beispielsweise über Social Media – ist es von größter Bedeutung, die Reputation eines Fußballvereins und der gesamten Liga zu schützen. Negative Schlagzeilen, sei es durch Finanzskandale, Korruption oder andere unethische Praktiken, können das Image eines Vereins und der kompletten Liga nachhaltig schädigen.
Um die Integrität und das Vertrauen in die Institutionen des Sports zu erhalten, muss Korruption im Sport verhindert werden. Durch die Einführung von Due Diligence Verfahren können Organisationen und Verbände mögliche Warnsignale für korrupte Machenschaften frühzeitig erkennen und ihr Ansehen wahren. Regelmäßige Schulungen und klare Richtlinien sind dabei unerlässlich und tragen proaktiv dazu bei, potenzielle Risiken und Unregelmäßigkeiten frühzeitig zu erkennen.
Compliance und Financial Fair Play
Die Einhaltung des Financial Fair Play (FFP) ist im professionellen Fußball von zentraler Bedeutung, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten und die langfristige finanzielle Stabilität der Vereine zu sichern. Das FFP wurde von der UEFA eingeführt, um zu verhindern, dass Fußballklubs mehr ausgeben, als sie einnehmen und um die Akkumulation hoher Schulden zu vermeiden. Die Grundprinzipien des FFP zielen darauf ab, Fußballklubs zu einem verantwortungsbewussten Finanzmanagement zu bewegen, indem sie ihre Ausgaben an ihre Einnahmen koppeln.
Due-Diligence-Verfahren spielen eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung der Einhaltung des FFP, indem sie eine gründliche Überprüfung der finanziellen Operationen und der Buchführung der Vereine ermöglichen. Diese Untersuchungen helfen dabei, die Genauigkeit der monetären Berichterstattung zu gewährleisten und sicherzustellen, dass alle finanziellen Transaktionen im Einklang mit den FFP-Regelungen stehen. Zu den Schlüsselelementen gehören:
Überprüfung der Einnahmen
Sicherstellen, dass alle Einnahmenquellen, einschließlich Sponsoring, Merchandising und Transfererlöse, korrekt gemeldet und im Einklang mit den FFP-Regeln stehen.
Kontrolle der Ausgaben
Analyse der Ausgaben für Transfers, Gehälter und andere betriebliche Kosten, um die Compliance mit den FFP-Grenzen zu überprüfen.
Schuldenmanagement
Bewertung der Schuldenlast des Klubs und deren Management, um sicherzustellen, dass sie innerhalb der zulässigen Grenzen bleibt.
Die Einhaltung des FFP ist nicht nur für die Vermeidung von Sanktionen wie Geldstrafen, Punktabzügen oder Ausschluss aus Wettbewerben wichtig, sondern sie trägt auch dazu bei, das Vertrauen der Stakeholder zu stärken und die Integrität sowie die Wettbewerbsfähigkeit des Fußballs zu erhalten. Durch die Anwendung von Due-Diligence-Verfahren können Vereine proaktive Maßnahmen ergreifen, um diese zu mitigieren und somit eine nachhaltige finanzielle Gesundheit und Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen.
Einhaltung rechtlicher Vorgaben der ESG
Die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und die Berücksichtigung von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) gewinnen im Profifußball zunehmend an Bedeutung. Dies spiegelt sich in Maßnahmen wie dem Grundsatzbeschluss der Deutschen Fußball Liga (DFL) aus dem Jahr 2021 zum Thema Nachhaltigkeit wider. Im Zuge dieses Beschlusses und der zunehmenden Forderungen nach verantwortungsvollem Handeln im Sport hat die DFL Nachhaltigkeit als verpflichtendes Lizenzierungskriterium in ihre Ordnung aufgenommen. Damit unterstreichen Liga und Vereine ihre Verpflichtung, neben ökonomischen auch ökologische, soziale und Governance-Aspekte in ihre Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Die Nachhaltigkeitskriterien umfassen sowohl Mindestkriterien als auch erweiterte Kriterien, die anteilig erfüllt werden müssen sowie weitere freiwillige Kriterien.
Ökonomische Nachhaltigkeit
Themen der ökonomischen Nachhaltigkeit umfassen unter anderem folgende Bereiche:
- Bekämpfung von Finanzkriminalität
- Financial Fair Play
- Kartellrecht
- Integrity-Management
- Transparente Vereinsführung
Soziale Nachhaltigkeit
Zu den Aspekten der sozialen Nachhaltigkeit gehören insbesondere diese Themen:
- Faire Vergütung
- Respekt, Toleranz und Solidarität
- Fair Play
- Merchandising
- Umgang mit Homophobie und Rassismus
Ökologische Nachhaltigkeit
Die Kriterien für ökologische Nachhaltigkeit beinhalten unter anderem folgende Punkte:
- Natürliche Ressourcen und Abfallwirtschaft
- CO2-Ausstoß bei Großveranstaltungen
- Bau von Gebäuden und Stadien
- Merchandising
Governance-Aspekte
Im Rahmen der Governance-Anforderungen spielen unter anderem diese Themen eine entscheidende Rolle:
- Transparenz
- Korruptionsbekämpfung
- Rechtskonformität
- Stakeholder-Engagement
- Einhalten von Lieferkettengesetzen
- Diversität und Inklusion
Die Einführung solcher Due Diligence Verfahren dient dazu, die Einhaltung dieser komplexen Anforderungen systematisch zu überprüfen und Geschäftsbeziehungen, insbesondere mit Lizenzgebern und Sponsoren, eingehend auf die Berücksichtigung der definierten Nachhaltigkeits- und Governance-Standards zu kontrollieren. Werden die geforderten Standards nicht eingehalten, drohen Sanktionen – von Geldstrafen und Punktabzügen in der Liga bis hin zum Entzug der Spielberechtigung.
Für die 36 Clubs der 1. und 2. Bundesliga haben diese Vorgaben direkte Auswirkungen und müssen mit der bestehenden ESG-Strategie abgeglichen werden. Sofern ein Club noch keine fundierte ESG-Strategie hat, bedarf es gar einer Neuentwicklung. Darüber hinaus bleibt offen, wie weitreichend die Maßnahmen der Novelle sein werden und ob auf Vereinsebene noch mehr im Bereich Nachhaltigkeit getan werden muss.