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Die Zukunft des Internets – sind Nutzerinhalte zu prüfen?

Section 230 ist eine Gesetzesklausel in den USA, die 1996 eingeführt wurde. Die Klausel gewährt Online-Plattformen und sozialen Netzwerken eine weitgehende Immunität in Bezug auf die Inhalte, die von ihren Nutzern gepostet werden.1 Bedeutet im Klartext: Plattformen wie Facebook, Twitter und YouTube sind nicht für die Beiträge ihrer Nutzer verantwortlich, solange sie keine aktive Rolle bei der Erstellung oder Veränderung dieser Inhalte spielen.

Der Fall Gonzalez gegen Google/YouTube

Im Fall der Familie von Nohemi Gonzalez gegen die zu Google gehörende Videoplattform YouTube ging es um die Frage, ob Online-Plattformen für terroristische Propaganda, die von Nutzern hochgeladen wird, haftbar gemacht werden können. Die US-amerikanische Studentin Nohemi Gonzalez war bei den Terroranschlägen von Paris 2015 getötet worden. Der Vorwurf der Familie Gonzalez gegen Google lautete, dass systematische Videoempfehlungen auf YouTube zur Radikalisierung der Terroristen beigetragen hätten. Unter Berufung auf Section 230 des Communication Decency Acts (CDA) wurde die Klage der Familie abgewiesen. Zudem hatte Google im Vorfeld dazu aufgerufen, einen „zentralen Baustein des modernen Internets“ nicht zu untergraben.1

Der Fall Taamneh gegen Twitter

Die Kläger im zweiten Fall – Angehörige des Jordaniers Nawras Alassaf, der 2017 bei einem terroristischen Anschlag in Istanbul getötet wurde – argumentierten, dass die Online-Plattform Twitter für die Bereitstellung und für die Verbreitung von extremistischer Propaganda verantwortlich sei. Demnach habe Twitter ebenso wie Google/YouTube und Facebook gegen das Anti-Terror-Gesetz (ATA) verstoßen. Das Gericht entschied jedoch, dass Twitter nicht für die Handlungen seiner Nutzer verantwortlich gemacht werden kann, solange die Plattform angemessene Maßnahmen ergreift, um entsprechende Inhalte zu entfernen, sobald sie darauf hingewiesen wird.

Die verschiedenen Ansichten zum Section 230 des CDA

Der Abschnitt 230 des CDA ist im gesamten politischen Spektrum auf große Kritik gestoßen. Da er aus einer Zeit vor der Einführung von Algorithmen stammt, fordern heute viele eine Strafbarkeit von Konzernen für die Inhalte Dritter auf ihrer Seite. Doch nach Ansicht der Richterinnen und Richter im Obersten Gerichtshof der USA, dem Supreme Court, würde das Internet und vor allem Konzerne wie Google, Twitter und Facebook zu einem „nutzlosen Durcheinander“ werden. „Den Nutzern zu helfen, die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen zu finden, ist [im Internet] eine existenzielle Notwendigkeit […]. Die Haftung von Websites für die implizite Empfehlung von Kontexten Dritter auszusetzen, […] bedroht das heutige Internet“.2 Die Verhinderung der Verbreitung von Hassrede und Falschinformationen steht somit der Forderung nach Meinungsfreiheit gegenüber.

Argumente einer Reform des Section 230 des CDA

Die Pro-Argumente einer Reform des Section 230

Eine Reform des Section 230 des CDA könnte Plattformen bei der Prüfung von Inhalten ihrer User stärker in die Pflicht nehmen und dadurch die Ausbreitung von Hassrede und Falschmeldungen verringern, woraus sich eine positive Wirkung auf die Zukunft des Internets ergibt.

  • Mehr Verantwortung für Unternehmen: Wenn Unternehmen für Inhalte von Dritten strafbar gemacht werden können, könnten sie gezwungen sein, mehr Verantwortung für die Inhalte auf ihren Plattformen zu übernehmen. Dies könnte dazu führen, dass sie mehr Ressourcen für die Moderation von Inhalten aufwenden und strengere Inhaltsrichtlinien einführen, um sicherzustellen, dass keine schädlichen oder rechtswidrigen Inhalte veröffentlicht werden.
  • Bessere Durchsetzung von Gesetzen: Unternehmen, die für Inhalte Dritter haftbar gemacht werden können, sähen sich gezwungen, besser mit Strafverfolgungsbehörden zusammenzuarbeiten, um illegale Aktivitäten auf ihren Plattformen zu bekämpfen. Dies könnte dazu beitragen, dass Gesetze wie das Urheberrechtsgesetz oder das Strafrecht besser durchgesetzt werden.
  • Schutz von Opfern: Darüber hinaus würden Unternehmen für Inhalte von Dritten haftbar gemacht werden. Somit sind Sie ebenfalls zu Reaktionen gezwungen, um schnell auf Meldungen von Opfern von Online-Missbrauch oder Mobbing reagieren zu können. Opfern würde außerdem ein einfacherer Zugang zu Beschwerdeverfahren ermöglicht und sie erhielten dann schnellere Unterstützung bei der Strafverfolgung.
  • Weniger Verbreitung von Falschinformationen: Durch eine Reform des Section 230 könnten Unternehmen für Inhalte von Dritten haftbar gemacht werden und gezwungen sein, gegen die Verbreitung von Falschinformationen auf ihren Plattformen vorzugehen. Dies würde eine Ausbreitung von Desinformationen und Verschwörungstheorien im Internet präventiv eindämmen und das Internet insgesamt das Internet vertrauenswürdiger machen.

Die Kontra-Argumente einer Reform des Section 230

Eine Reform des Paragrafen 230 könnte allerdings auch erhebliche (negative) Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Online-Plattformen in Zukunft funktionieren werden, haben – vor allem, wenn Plattformen für alle durch Nutzer veröffentlichte Inhalte haftbar gemacht werden.

  • Verstärkte Überwachung von Inhalten: Wenn Unternehmen für Inhalte, die von Dritten auf ihren Plattformen hochgeladen werden, strafbar gemacht werden können, würden sie wahrscheinlich viel stärker auf die Überwachung von Inhalten achten, um sicherzustellen, dass keine rechtswidrigen oder schädlichen Inhalte veröffentlicht werden. Dies könnte jedoch dazu führen, dass Plattformen strengere Inhaltsrichtlinien einführen und mehr Ressourcen für die Moderation von Inhalten aufwenden müssten.
  • Verkleinerung des Internet-Ökosystems: Wenn kleine Unternehmen und Start-ups für fremde Inhalte haftbar gemacht werden können, ist nicht auszuschließen, dass dies zu einem Verlust an Vielfalt im Internet-Ökosystem führt. Kleine Unternehmen müssten ihr ohnehin bereits knappes Kapital dafür aufwenden, um ihre Plattformen zu moderieren oder in Rechtsstreitigkeiten zu verteidigen. Das könnte bereits im Vorfeld abschreckend auf neue Unternehmen sein.
  • Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit: Wenn Unternehmen für Inhalte, die von Dritten verbreitet werden, haftbar gemacht werden können, besteht die Gefahr, dass die Meinungsfreiheit leidet. Unternehmen könnten versucht sein, Inhalte, die umstritten oder unbeliebt sein könnten, zu entfernen, um sich vor Haftung zu schützen. Dies hätte eine Einschränkung der freien Meinungsäußerung im Internet zur Folge haben.
  • Rechtsstreitigkeiten und Kosten: Eine Strafbarkeit beziehungsweise eine Reform des Section 230 könnte zu mehr Rechtsstreitigkeiten führen, was für die Unternehmen kostspielig und zeitaufwendig wäre. Um sich vor Haftung zu schützen, könnten Unternehmen gezwungen sein, Anwälte zu beauftragen oder ihre Plattformen gänzlich zu schließen.

Konkrete Entwürfe, um das Internet sicherer zu machen

Mit dem "See Something, Say Something Online Act" wurde dem US-Kongress ein erster Gesetzesentwurf vorgelegt.3 Das Gesetz würde Online-Plattformen wie soziale Netzwerke und andere Websites dazu verpflichten, Berichte über verdächtige Aktivitäten an Regierungsbehörden weiterzuleiten. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass User von Online-Plattformen verpflichtet werden, verdächtige Aktivitäten auf der Plattform zu melden. Die Betreiber der Online-Plattformen sind dann verpflichtet, diese Meldungen an das Department of Homeland Security weiterzuleiten.

Befürworter des Gesetzes argumentieren, dass es dazu beitragen würde, terroristische Aktivitäten und andere Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit zu erkennen und zu verhindern. Kritiker des Gesetzentwurfs befürchten jedoch, dass er dazu führen könnte, dass unbescholtene Bürgerinnen und Bürger aufgrund von Fehlinterpretationen oder Vorurteilen denunziert werden.

Es ist wichtig anzumerken, dass der "See Something, Say Something Online Act" noch nicht in Kraft getreten ist und sich in einem frühen Stadium der Gesetzgebung befindet. Der Gesetzentwurf könnte im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erhebliche Änderungen erfahren oder sogar ganz abgelehnt werden.

Ausblick auf die Zukunft des Internets

Zwar haben bereits einige Unternehmen begonnen, Maßnahmen zu ergreifen, um Inhalte auf ihren Plattformen, die gegen ihre Richtlinien verstoßen, zu moderieren und zu entfernen – jedoch bei Weitem nicht alle. Diese freiwillige Selbstregulierung trägt bereits dazu bei, die Bedenken der Regulierungs­behörden zu mindern und gleichzeitig die Meinungsfreiheit im Internet zu schützen. Darüber hinaus könnte eine Stärkung der Befugnisse der Verbraucher­schutz­behörden auch dazu beitragen, das Internet sicherer zu machen, indem Unternehmen gezwungen werden, höhere Standards für die Teilnahme an ihrer Plattform sowie die interne Inhaltsmoderation zu erfüllen.

Es ist jedoch wichtig, einen ausgewogenen Ansatz zu finden, der den Bedenken hinsichtlich der Meinungsfreiheit im Internet Rechnung trägt. Insgesamt wird die Zukunft des Internets wahrscheinlich von einer Mischung aus Regulierung, freiwilliger Selbstregulierung und neuen Technologien wie KI geprägt sein. Es ist wichtig, einen ausgewogenen Ansatz zu finden, um die Vorteile des Internets zu maximieren und gleichzeitig die Sicherheit und Meinungsfreiheit im Internet zu gewährleisten.

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Soziale Netzwerke wie Twitter werden gerne zur Recherche von Informationen genutzt, da die Berichterstattung besonders aktuell ist. Das bietet viele Möglichkeiten für die Verbreitung von Falschmeldungen: Forschende des MIT fanden 2018 heraus, dass sich Falschmeldungen auf Twitter viermal schneller verbreiten als auf anderen Plattformen. Mit Nexis® greifen Sie auf eine umfassende Datenbank zu, um Fakten vor der Veröffentlichung zu überprüfen. So ist die gesamte Berichterstattung rund um die Section 230, zum Beispiel internationale Zeitungsartikel, Firmendaten von Google und Twitter sowie Gerichtsentscheidungen, in Nexis zu finden.

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Supreme Court prüft Schutz von Internetriesen vor Klagen wegen Nutzerinhalten, berlinertageszeitung.de, 02.2023
Supreme Court Seems Wary of Limiting Protections for Social Media Platforms, nytimes.com, 02.2023
See Something, Say Something Online Act of 2023, congress.gov, 01.2023

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